Ein Abend mit der heimischen Fußball-Legende Ansgar Brinkmann reicht nicht aus, um all seine Erfolge, Dummheiten und Kapriolen hervorzukramen, die ihn für die Fußballwelt unsterblich werden ließen. Der „Weiße Brasilianer“, diesen und andere Titel hat der gebürtige Bakumer sich während seiner aktiven Laufbahn in den oberen Etagen der deutschen Fußball-Ligen wegen seiner Dribbelkünste und Sprintstärke zurecht erarbeitet, war am Freitagabend zu Gast beim SV Holdorf. Sozusagen verkörperte er den coronabedingten Nachschlag für das 100-jährige Bestehen des kleinen HSV im vergangenen Jubiläumsjahr.
Ansgar Brinkmann kam allerdings nicht allein zu seiner angekündigten Lesung im Saal der Gaststätte Hotel zur Post. Das Lesen aus den beiden letzten Büchern zu seiner Person „Wenn ich du wäre, wäre ich lieber ich“ und „Die Straße holt sich den Fußball zurück: Neues vom ,weißen Brasilianer‘“ übernahm der Autor Peter Schultz selbst. Beide spielten sich gekonnt „die Bälle“ zu, so dass die Zuhörer, was die Kapriolen des Kultspielers angeht, der in Deutschland zu den Spielern mit den meisten Vereinswechseln gilt, voll auf ihre Kosten kamen. Immerhin kickte der heimatverbundene Altstar in seinen Profi-Jahren von 1987 bis 2007 bei zwölf Vereinen.
„Ich habe 39 Trainer zum Wahnsinn gebracht und hatte mit allen Krieg…“, erklärte Ansgar Brinkmann mit einem schelmischen Lächeln im Gesicht und ging schließlich in Einzelheiten über. Auf Trainer habe er selten gehört, was ihm zahlreiche Abmahnungen und sogar Vereinswechsel einbrachte. Trainer wie Hannes Linßen vom FC Gütersloh (1996), der speziell für ihn eine Spieltaktik ausgearbeitet hatte, servierte Ansgar Brinkmann kurzerhand ab indem er ihm erklärte: „Die kannste dir einrahmen, ich hab meine eigene dabei.
Dass es nicht immer glimpflich abgeht, wenn man gegenüber dem Trainer ein loses Mundwerk hat, musste der Fußballer beim BV Cloppenburg (1997) erfahren. Als Ansgar Brinkmann Trainer Wolfgang Steinbach provozierend fragte, ob dieser „Busfahrer oder Trainer“ sei, konnte er sich einen anderen Verein suchen. Vielleicht war das sein Glück. Als er unterwegs zu Verhandlungen beim FSV Zwickau war, bekam er noch auf der Autobahn einen Anruf vom Zweitligisten Eintracht Frankfurt. Trainer Horst Ehrmanntraut wollte ihn unbedingt haben und lag mit dieser Entscheidung nicht falsch. „Wir haben 17 Spiele nicht verloren, davon 15-mal gewonnen, was den Aufstieg in die 1. Bundesliga zur Folge hatte“, berichtete Ansgar Brinkmann. Im gleichen Atemzug schob er nach, dass sie später sogar Bayern München mit 1:0 geschlagen haben.
Unverwunden gibt der Bakumer zu, dass er außer den Titel eines Deutscher Hallenmeisters während seiner Karriere keine Titel errungen hat. Auch die Nationalmannschaft war ihm nicht vergönnt.
Auch außerhalb des Spielfeldes blieb Ansgar Brinkmann, der von den Fans seiner jeweiligen Vereine trotz oder gerade wegen seiner Kapriolen geliebt wurde, kein unbeschriebenes Blatt. Ein Beispiel: Bei einer Verkehrskontrolle stellte er seine Qualitäten als sprintstarker Flügelflitzer unter Beweis, indem er der Polizei zu Fuß entwischte. Nach kurzer telefonischer Beratung mit seinem Anwalt holte er am nächsten Morgen den Autoschlüssel auf der Polizeiwache ab. Sein Kommentar damals: „Die wollten auch mal Porsche fahren!“.
Wer das fußballerische Leben von Ansgar Brinkmann ausführlich verfolgen will, für den hatte der sympathische Kicker eine brandaktuelle Nachricht parat. Unter dem Titel „Ansgar Brinkmann der Straßenfußballer“ schließt der Fernsehsender RTL plus in diesen Tagen die Aufnahmen für eine dreiteilige Fernsehdokumentation ab. Am 9. Dezember soll der erste Teil per Stream zu sehen sein.
Wenn alles gut geht, können die heimischen Fans den Kultspieler am 27. August 2022 bei der Begegnung der Schalker Traditionself gegen eine Kreis-Auswahl im Holdorfer Hans-Böckmann-Sportpark im Duell mit Altstar Olaf Thon live erleben.